Entspannt in den Flow gelangen durch Musik

In den uns heute bekannten Kulturen wurden Töne, die für das Ohr angenehm sind, schon oft genutzt, um die Lebensqualität zu verbessern.

Wir alle kennen Musik, die zum Tanzen einlädt, die Romantik fördert, auf Hochzeiten oder Begräbnissen gespielt wird, die für religiöse oder auch für politische Zwecke genutzt wird oder die Musik, die zur Stille und zum Nachdenken anregt.

Früher wurden beispielsweise die heiligen Hörner von den Pygmäen ausgegraben und geblasen, wenn es im Ituru – Wald schlechte Zeiten gab. Das Volk konnte sich damit beruhigen und optimistischer in die Zukunft zu schauen. Die Musik aus Radios, Handys, Smartphones, aus dem Internet oder von mp3-Playern erfüllen heute ähnliche Bedürfnisse für Menschen. Viele, auch Teenager beschreiben, dass Musik ordnend ist für das Bewusstsein, Langeweile abgewehrt wird und statt gefühlter Unsicherheiten ein von uns allen gewünschter Flow ausgelöst werden kann durch bestimmte Lieder oder Kompositionen.

Doch nicht das Hören von Musik allein verbessert das Leben, sondern das ZUHÖREN und im besten Fall das Selbstmusizieren oder Singen.

Wie bei allem anderen auch im Leben, braucht es eine gewisse Konzentration , um sich an Musik zu erfreuen.

Musik hören beginnt daher mit einer sinnlichen Erfahrung. Wir reagieren auf Tonqualitäten, die angenehme körperliche Reaktionen hervorrufen und auch auf Harmonien, die uns fröhlich oder traurig stimmen. Eine klagende Flöte, ein beschwingtes Klavierstück, ein Schlager, der uns zum Tanzen auffordert…

Und wenn wir regelmäßig Musik sinnlich wahrnehmen, kann noch etwas Neues dazu entstehen. Wir verbinden den Klang der Musik mit etwas uns Bekanntem. Manche empfinden die Beats der Rockmusik wie den Herzschlag einer Mutter, wieder andere erleben bei Tschaikowskis Schlittenfahrt Winterbilder. D.h. die zweite Stufe des Musikhörens, die „erfüllende“ Art des Zuhörens, erlaubt uns die Fähigkeit zu entwickeln, Gefühle und Bilder aufgrund von Lautmustern zu empfinden.

Und wenn wir uns noch weiter auf das Musikhören konzentrieren möchten, können wir einen komplexen Zustand erreichen, einen analytischen Zustand. Dabei verlagert sich die Aufmerksamkeit auf die Strukturelemente der Musik. Hörfähigkeit in diesem Stadium lässt die dem Werk zugrundeliegenden Mittel erkennen, mit denen die Harmonien oder Begleitsounds erzielt werden. Beispielsweise kann ein pizzicato (zupfen) bei Streichern einen wundervollen Effekt erzeugen, der uns gut gefällt und gute Laune verbreitet.

Sind wir im dritten Stadium des Musikhörens angelangt, fangen wir an, die Vorstellung des Interpreten/Künstlers und die Akustik kritisch einzuschätzen, das musikalische Liedgut mit früheren oder späteren Stücken des Komponisten zu vergleichen oder auch verschiedene Versionen von Musikstücken zu analysieren. Beispielsweise heißt es dann, „Hören wir mal rein, ob die Blechbläser des Chicagoer Symphonieorchesters wirklich besser sind als die Berliner Blechbläser.“ Ein Ergebnis kann dann sein, dass die Berliner Blechbläser akzentuierter spielen, weicher oder härter.

Wenn wir also analytische Fähigkeiten in der Musik entwickeln, nimmt die Freude am Musikhören zu. Das bestätigen auch Berichte von Wissenschaftlern, die sich mit der passiven Musiktherapie beschäftigt haben. Erreichen wir die dritte Stufe, entsteht Freude an der Musik, ein Flow im Musikhören, denn auf der dritten Stufe werden wir zu Musikexperten.

Menschen, die aufgrund von Erkrankungen bewegungseingeschränkt sind oder seit mehr 16 Jahren bei vollem Bewusstsein bewegungslos  im Bett liegen, haben mir bei dieser gemeinsamen Art des Musikhörens immer wieder gezeigt, wie sie in einen Flow  gekommen sind, obwohl sie sich anfänglich in einer schier unerträglichen Situation befunden haben. Ich möchte an dieser Stelle all denen Klienten Danke sagen, mit denen ich diese musikalischen Vergleiche erleben durfte.

Wie fanden die Klienten den Flow im Leben mit ihrer besonderen Lebenssituation?

Durch Erfahrungen, regelmäßigen Rückkopplungen und Austausch mit Amateurmusikern, Musikpädagogen und Musiktherapeuten im Laufe ihrer Erkrankung. Kennzeichnend ist, dass der Flow in der Musik nicht aus Situationen mit Lerndruck oder Leistung entstand, sondern einfach nur das freudige Musikerlebnis berücksichtigte.

Genauso schreiben auch Musiker Geschichte. Debussy, der beispielsweise seine Musikerlaufbahn als Pianist begann, entwickelte seine eigene Musiksprache, die sowohl von Wagner als auch von außereuropäischen Musikstilen beeinflusst war. Er war ein Freigeist, dessen Kompositionen anfänglich immer wieder auf Ablehnung stießen oder irritierten. Er spielte aus einer inneren Leidenschaft heraus. Heute genießen wir sein Clair de lune u.a.

Lorin Hollander, ein Wunderkind am Klavier, erstarrten vor Leistungsdruck seine Finger. Es wurde berichtet, dass ihm der ständiger Schmerz der elterlichen Kritik und der anspruchsvollen Lehrer zu schaffen machte. Er hat sich befreit von der seelisch bedingten Lähmung und verhilft heute Musikern Spaß an der Musik zu haben.

Fazit: Machen wir genau das.

Genießen wir das Musikhören , wie es genossen werden sollte, entspannt und mit Freude.

Wenn wir ein Instrument erlernen, ob mit 5 oder 50, machen wir es mit Freude und stärken wir damit unser Selbst, bedingungslos.

Erleben wir die Freude an der Musik, wie die Freude am Essen, an der Bewegung und beim Sex. Es sind Urvergnügen, die in unserem Nervensystem verankert sind.